10.05.2019

oqbo Rahmenhandlung #3: Nina von Seckendorff

Intervention zur Ausstellung EIN NASSER UMSCHLAG, DARIN MUTMAßUNGEN ÜBER DIE SCHWÄRZE DER PUPILLE (4. Mai 2019 — 1. Juni 2019)

Nina von Seckendorff erstellte ein kleines Heftchen mit Skizzen, Gedichten und Gedankensplittern zum Themenbereich „Schwelle / Zugänglichkeit“, dass den an der Galerie vorbeikommenden Passanten zum Mitnehmen angeboten wurde.

Heftchen zum Mitnehmen

Zu ihrer Intervention überließ uns Nina von Seckendorff den folgenden Text, wofür wir uns ganz herzlich bedanken möchten.

die augen der anderenIm Zuge der Intervention für die Rahmenhandlungen habe ich mich mit Fragen nach Zugänglichkeit und Hindernissen auseinandergesetzt - einerseits Fragen nach den körperlichen Schwellen, andererseits Fragen nach den (oft mit den körperlichen zusammenhängenden) sozialen Schwellen zwischen Raum / Raum, Raum / Mensch und Mensch / Mensch.

Physische und soziale Hindernisse werden von Menschen wie mir, die ohne bemerkenswerte körperliche Einschränkungen und sozial ziemlich privilegiert leben, nicht zwangsläufig wahrgenommen. In der Konfrontation mit oder an der Seite von Menschen, die von diesen Hindernissen an etwas gehindert werden, werden die Schwellen bewusster. Und aus diesem Bewusstwerden kann eine generellere Aufmerksamkeit entstehen, für die Stellen, an denen Schwellen Menschen behindern. Und es stellen sich Fragen: für wen ist welcher Ort gemacht und wer wird warum ausgeschlossen? Wer fühlt sich überhaupt angesprochen oder willkommen oder berechtigt, über eine Schwelle an einen Ort zu gehen, wie zum Beispiel den Projektraum oqbo, in dem Kunst gezeigt wird und kulturelle Veranstaltungen stattfinden?

RH 03 Umstaender der Anderen b450Die Kunstwelt ist exklusiv. Das geht schon bei der Frage los, wer an einer Kunsthochschule lehren und studieren darf. Das Publikum besteht aus Menschen, die es physisch und sozial in einen Galerieraum „geschafft“ haben. Wer fühlt sich darin am richtigen Ort oder richtig an diesem Ort? Ein solcher Ort stellt Ansprüche an gewisse, gelernte Fähigkeiten. Eine Sprache, eine Art, sich zu verhalten, die man kennen und können muss. Eine Art, sich zu kleiden, sich zu bewegen. Das hat großen Einfluss darauf, wer sich überhaupt von „Kunst“ angesprochen fühlen kann, wer sich in die Räume traut, in denen künstlerische Arbeiten zu sehen sind und wer zu der Öffentlichkeit gezählt wird, an die Kunst sich richtet. Wenn ich in Kunsträumen ausstelle, bin ich mir bewusst, dass ich mich im Rahmen dieser schwellenreichen Strukturen bewege.

Ich habe selbst kaum Erfahrung mit körperlichen Einschränkungen und kenne sie nur aus Erlebnissen mit körperlich beeinträchtigten Freund*innen, Verwandten und Bekannten. Aus diesen Erfahrungen und den Fragen nach Zugänglichkeit und Hindernissen auf körperlicher und sozialer Ebene sind kleine Texte und Zeichnungen entstanden und daraus kleine Hefte, die zum Mitnehmen im öffentlichen Raum vor der Galerie ausliegen werden.

Eine online-Version von Nina von Seckendorffs Heftchen kann hier herunter geladen werden.